Landkreis Hildesheim
Herrn Landrat Bernd Lynack
Marie-Wagenknecht-Str. 3
31134 Hildesheim
Hildesheim, 09.09.2025
Änderung der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis Hildesheim
Anfrage gem. § 56 NKomVG
Bezug:
- 1. Unsere Anfrage Nr. 409/XIX vom 24.08.2025
- Ihre Antwort Nr. 409 vom 02.09.2025
- Ihre Vorlage Nr. 964/XIX vom 19.08.2025
Sehr geehrter Herr Landrat Lynack,
wir bitten Sie um Beantwortung folgender Fragen, weil Sie unsere Anfrage vom 24.08.2025 am 02.09.2025 nur ungenügend beantwortet haben, obwohl Ihnen zumindest seit Ihrer Vorlage Nr. 964/XIX vom 19.08.2025 umfangreiche Informationen zu den Kosten der Schülerbeförderung in der Stadt Hildesheim vorlagen und zugänglich waren.
- Die Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis Hildesheim bestimmt in § 2 Mindestentfernung:
„Die Mindestentfernung zwischen Wohnung (Haustür des Wohngebäudes) und Schule (nächstgelegener Eingang des Schulgebäudes, in dem die Unterrichtsveranstaltungen regelmäßig stattfinden), ab der die Beförderungs- bzw. Erstattungspflicht nach § 1 besteht, beträgt 2.000 m.“
1.1 Seit wann besteht diese Regelung und seit wann hat die Stadt Hildesheim für welche Schulklassen die Kosten für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern übernommen, deren Schulweg im Sinne der o. a. Satzung weniger als 2.000 m betrug, und diese Kosten auf Anforderung vom Landkreis in welchem Umfang erstattet bekommen?
1.2 Welche Mehrkosten (in etwa) für die Schülerbeförderung im Vergleich zum Schuljahr 2024/2025 würden sich für den Landkreis Hildesheim im Schuljahr 2025/2026 in welchen Gemeinden ergeben, wenn § 2 der o. a. Satzung gestrichen wird?
- Für wie viele Schülerinnen und Schüler würde sich im Schuljahr 2025/2026 in welchen Gemeinden einen Anspruch auf kostenfreie Schülerbeförderung ergeben, wenn § 2 der o. a. Satzung vor Beginn des Schuljahres gestrichen worden wäre? Welche Kosten würde dies in welchen Gemeinden für den Landkreis verursachen?
2.1 Für wie viele Schülerinnen und Schüler welcher Klassen hat die Stadt Hildesheim im Schuljahr 2024/2025 die Schülerbeförderung übernommen
a) deren Schulweg unter 2 km lag
b) die einen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten
c) die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten?
2.2 Welche Kosten hat dies im Schuljahr 2024/2025 insgesamt und für wie viele Schülerinnen und Schüler welcher Klasse verursacht
a) deren Schulweg unter 2 km lag
b) die einen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten
c) die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten?
3. Welche Mehrkosten (in etwa) werden sich ergeben, wenn der Landkreis im Schuljahr 2025/2026 für die Schülerinnen und Schüler in welchen Landkreisgemeinden außer der Stadt Hildesheim, die aufgrund § 2 der o. a. Satzung keinen Anspruch auf kostenfreie Schülerbeförderung haben, die Schülerbeförderungskosten so übernimmt, wie dies bisher die Stadt Hildesheim getan hat?
- Wann und in welcher Form hat die Stadt Hildesheim gegenüber dem Landkreis Hildesheim darauf hingewiesen, dass sie auch für die Schülerinnen und Schüler die Kosten für die Schülerbeförderung übernommen und dem Landkreis in Rechnung gestellt hat, die nach § 2 der o. a. Satzung keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten?
4.1 Der Finanzvertrag des Landkreises mit der Stadt Hildesheim bestimmt in u. a.:
„Stadt und Landkreis vereinbaren eine monatliche gesonderte Abschlagszahlung, die alle Aufgabenbereiche einschließlich der Erstattungen nach Nr. 1 Ziffer 2 Absatz 2 umfasst.
Die Abschläge werden anhand der Haushaltsansätze für das jeweilige Jahr durch die Stadt ermittelt und dem Landkreis nachprüfbar mitgeteilt…
Die Zahlungen in allen betroffenen Bereichen einschließlich der Kreisumlage werden jeweils gesondert berechnet und erhoben.
Unterjährig ist ein Controlling auf Grundlage von Ist-Zahlungen herzustellen …
Es wird ein fester Ansprechpartner bei Stadt und Landkreis für alle Abrechnungsfragen benannt …
Soweit dieser Vertrag zu seiner Durchführung weiterer Vereinbarungen bedarf, insbesondere zu Verfahren der Kostenerstattungen, Controlling und interkommunaler Zusammenarbeit, verpflichten sich die Parteien zu der im Einzelfall gebotenen Mitwirkung…
Die Stadt räumt dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Prüfrechte hinsichtlich der vorstehenden Regelungen und den diesen zugrunde liegenden Daten ein.“
4.2 Wann sind welche der o. a. Vereinbarungen geschlossen worden? Welches Controlling hat wann durch welche Personen stattgefunden? Wer waren im Landkreis die Ansprechpartner für die Erstattung der Schülerbeförderungskosten? Wann ist vom Landkreis einschl. Rechnungsprüfungsamt in welcher Form und anhand welcher Unterlagen geprüft und mit einem Prüfungsvermerk dokumentiert worden, dass die Höhe der von der Stadt geforderten Abschläge und geforderten Zahlungen nach Spitzabrechnung berechtigt waren? Wann und mit welchen Angaben zu den Schülerinnen und Schülern (deren Anspruchsberechtigung, Anzahl, Jahrgang, Schulform, Länge des Schulweges) hat die Stadt Hildesheim die von ihr geforderten Zahlung gegenüber dem Landkreis nachvollziehbar begründet?
4.3 Wie oft und um welchen Betrag waren die von der Stadt geforderten und vom Landkreis gezahlten Abschlagszahlungen höher als die nach Spitzabrechnung verlangten Erstattungsbeträge a) ohne und b) einschl. der von der Stadt freiwilligen übernommen Kosten für die Beförderung der Schülerinnen und Schüler, die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten?
4.4 Wie hoch ist der Schaden für den Landkreis Hildesheim, dass der Stadt Hildesheim die von ihr getragenen Kosten für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern a) vor dem 01.07.2011 und b) nach dem 01.07.2011 erstattet worden sind, die nach § 2 der o. a. Satzung keinen Anspruch auf kostenfreie Schülerbeförderung hatten?
- Wer in der Kreisverwaltung hat davon gewusst, dass der Landkreis Hildesheim der Stadt Hildesheim die von ihr getragenen Kosten für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern erstattet hat, die nach § 2 der o. a. Satzung keinen Anspruch auf kostenfreie Schülerbeförderung hatten?
- Welche Regelungen sind oder haben Sie getroffen, dass der Landkreis nur solche Zahlungen leistet, auf die ein Anspruch besteht?
- Wann ist nach § 42 Abs. 3 der Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Abwicklung der Kassengeschäfte der Kommunen (KomHKVO) von wem geprüft worden, ob die von der Stadt Hildesheim vom Landkreis geforderten Zahlungen für die seit dem 01.07.2011 übernommene Schülerbeförderung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt waren?
- Welche Unterlagen gibt es, in denen die Zahlungen des Landkreises an die Stadt Hildesheim für die Schülerbeförderungen als dem Grunde und der Höhe nach berechtigt nachvollziehbar sind (§ 41 KomHKVO)?
- Welche Dienstanweisungen nach § 41 Abs. 1 KomHKVO sind derzeit seit wann in Kraft und wo einsehbar?
- Wer war in den vergangenen vier Jahren für die grundsätzlich Ihnen nach § 126 Abs. 5 NKomVG obliegenden Kassenaufsicht und die Kassenleitung nach § 126 Abs. 2 NKomVG zuständig?
- In welchem Umfang ist die im Haushalt des Landkreises Hildesheim für die Schülerbeförderung ausgewiesene Kostensteigerung von ca. 10 Mio. € im Jahr 2010 auf ca. 13 Mio. € im Jahr 2012 (plus ca. 30 %) auf welche einzelnen seit dem 01.07.2011 erbrachten Leistungen a) der Stadt Hildesheim und b) welcher von der Stadt beauftragten Unternehmen zurückzuführen?
- Aus welchen Gründen haben Sie von der Stadt Hildesheim bisher nicht gefordert, dem Landkreis die Kosten zu erstatten, die von der Stadt für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern entgegen dem Finanzvertrag und der o.a. Satzung freiwillig übernommen worden sind und der Stadt auf Anforderung vom Landkreis erstattet worden sind?
- Wer haftet für den Schaden, den der Landkreis dadurch erlitten hat, dass er der Stadt Hildesheim die Kosten für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern erstattet hat, die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten?
- In welcher Höhe und zu wie viel Prozent hat das Land in den einzelnen Jahren seit 2020 die im Landkreis Hildesheim anfallenden Kosten der Schülerbeförderung getragen?
- In Ihrer Antwort vom 02.09.2025 behaupten Sie: „Die alleinige Zuständigkeit für die Anspruchsprüfung im Rahmen der Schülerbeförderung lag gemäß den Regelungen des Finanzvertrages im Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2025 allein bei der Stadtverwaltung Hildesheim.“
Auf welche Regelung des Vertrages stützen Sie diese Behauptung? Bei wem lag aufgrund welcher Regelung die Zuständigkeit für die „Anspruchsprüfung im Rahmen der Schülerbeförderung“ vor dem 01.07.2011?
Begründung:
Die derzeitige Regelung (Satzung) der Schülerbeförderung ist unbefriedigend und bedarf der Überarbeitung. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass seit vielen Jahren die Kosten für eine Schülerbeförderung in der Stadt Hildesheim von aktuell ca. 277.000 € pro Jahr, auf die nach der Schülerbeförderungssatzung kein Anspruch besteht, von den anderen Gemeinden des Landkreises über die Kreisumlage mitfinanziert werden bzw. mitfinanziert worden sind.
Es ist zudem nicht sachgerecht, dass ein Kind von 6 Jahren auf seinem Schulweg von 1,9 Km (gemessen von der Haustür des Kindes bis zur Schuleingangstür) nach z. B. 200 m an einer Bushaltestelle den Schulbus nicht besteigen darf, in dem seine Mitschülerinnen und Mitschüler zu seiner Grundschule und sein Bruder mit 15 Jahre zur Gesamtschule gebracht wird, die z. B. 3 km entfernt ist.
Die Übernahme von Kosten der Schülerbeförderung, auf die gem. der o.a. Satzung kein Anspruch besteht, sind freiwillige Leistungen.
Und in den Haushaltssicherungskonzepten des Landkreises für die Haushaltspläne 2010, 2011, 2012, die der Stadt Hildesheim vorliegen, heißt es unter der Überschrift „Schülerbeförderung, Produkt 241-001“ wie folgt:
„Hier darf keine Kostenausweitung stattfinden, sofern Bereiche betroffen sind, die über den gesetzlichen Mindeststandard der Aufgabenerfüllung hinaus gehen. Eine Projektförderung ist aber bei einer entsprechenden Gegenfinanzierung möglich.“
Damit war für die Hauptverwaltungsbeamten des Landkreises und der Stadt Hildesheim eindeutig vorgegeben, dass die Verwaltung des Landkreises ohne Beschluss des Kreistages nicht berechtigt ist, die Kosten für freiwilligen Leistungen der Schülerbeförderung zu übernehmen oder gegenüber dem Kreistag bei der Benennung der freiwilligen Leistungen zu verschweigen, in welcher Höhe solche Kosten zu Lasten des Landkreises übernommen worden sind.
Auf unsere Anfrage vom 24.08.2025 („1. Wann hat der Landkreis Hildesheim der Stadt Hildesheim die Kosten für welche Schülerbeförderung nach § 1 i. V. m. § 2 der o. a. Satzung a) für die anspruchsberechtigten und b) nicht anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler in welchen einzelnen Jahren und insgesamt in welcher Höhe erstattet?“)
haben Sie am 02.09.2025 … u. a. geantwortet:
„Ein Prüfrecht der seitens der Stadt Hildesheim geforderten Abschlagszahlungen sowie der Spitzabrechnung durch die jeweiligen Fachämter der Kreisverwaltung sieht der Finanzvertrag nicht vor.“
Diese Aussage ist falsch oder zumindest irreführend und steht im Widerspruch zu Ihrer Pflicht, Anfragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Aus dem Finanzvertag mit der Stadt Hildesheim ergeben sich eindeutige Prüfungsrechte und § 42 Abs.3 KomHKVO, der auch für Sie und die gesamte Kreisverwaltung verbindlich ist, bestimmt:
„Jeder Zahlungsanspruch und jede Zahlungsverpflichtung werden zu ihrer sachlichen und rechnerischen Feststellung auf ihren Grund und ihre Höhe geprüft und festgestellt.“
Nach dieser Regelung sind und waren Sie verpflichtet, alle Zahlungen zu prüfen: auch solche, die aufgrund von Verträgen zu leisten sind. Diese Überprüfungspflicht und die Vorschriften für die Kommunalkasse (§ 127 NKomVG) können nicht durch Verträge aufgehoben oder gemindert werden.
Nach diesen Vorschriften hätte der Hauptverwaltungsbeamte der Stadt Hildesheim den Zahlungsanspruch auch unter Berücksichtigung des Haushaltssicherungskonzepts des Landkreises zur Schülerbeförderung prüfen und vom Landkreis keine Erstattung der Kosten für freiwillige Leistungen verlangen dürfen, die die Stadt für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern freiwillig übernommen hat, die keinen Anspruch auf Schülerbeförderung hatten.
Am 12.09.2024 hat die Kreistagsmehrheit von SPD-Grüne die von der CDU-Kreistagsfraktion geforderte Bezuschussung des Primar- und Sekundarbereiches I sowie folgenden Beschlussvorschlag der CDU-Kreistagsfraktion abgelehnt:
„2. Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen welche Auswirkungen es hätte, wenn die Mindestentfernung von 2 km aus der Schülerbeförderungssatzung gestrichen würde.“ Begründet wurde die Ablehnung von der SPD u. a. mit den Worten: „Durch die Aufhebung der Entfernungsgrenze, würde die Pflichtaufgabe erweitert, was Mehrausgaben von mehreren Millionen bedeutet.“
Aus der Vorlage der Verwaltung Nr. 964/XIX vom 19.08.2025 ergibt sich, dass alle zur Beantwortung der Anfrage erforderlichen Daten vorliegen oder zugänglich sind.
Es gibt also keine Gründe, den Kreistagsabgeordneten die erfragten Daten nicht zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Prior
Fraktionsvorsitzender
Andreas Koschorrek
Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion
für Finanzen, Personal, Digitalisierung und Innere Dienste
Ramon Herbst
Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion
für Schule und Kultur